Gerade wieder angetrocknet und aufgewärmt folgt Wolkenbruch Nummer Zwei– und es liegt noch nicht die Hälfte der Strecke hinter Nico, Daniel, Tobias, Raphael und Marc.
Auf leicht abfallender Straße führt die Strecke gerade nach Norden in Richtung Basel. Kurz hinter dem Grenzübertritt Plattfuß bei Tobias. Die anderen 30 Fahrer der Gruppe warten und der Schlauch ist schnell gewechselt. Gerade soll es weitergehen, als sich auch noch die Kette verklemmt. Die meisten Fahrer bekommen das nicht mit und fahren weiter. Tobias, Daniel und vier weitere sind abgehängt. Tobias hat die Strecke aber auf seinem GPS-Tacho, sodass die Gruppe an der nächsten Verpflegungsstelle in Weil am Rhein wieder eingeholt werden kann. Hier gibt es Pasta für alle und genau zur Hälfte der Strecke eine ausgiebige Pause.
Das Wetter hat sich etwas stabilisiert – so scheint es, denn nach wenigen Minuten erwischt die Sportler Wolkenbruch Nummer Drei – weiter nass bis auf die Haut. Die folgenden 60 Kilometer sind recht flach, aber einige Wellen kosten doch Kraft, besonders wenn man schon über 200 Kilometer in den Beinen hat. Endlich ist der Fuß des Grand Ballon – des Belchen der Vogesen erreicht. Der letzte große Anstieg des Tages liegt vor ihnen. 1.100 Höhenmeter auf 22 Kilometer klingen nach einer machbaren Steigung von rund 5% - wäre da nicht eine fiese Zwischenabfahrt, die den Anstieg in zwei Abschnitte teilt: 600 Höhenmeter durch dichten Wald mit einer Steigung von rund 8% tun schon richtig weh. Sie glauben das schwerste geschafft zu haben und biegen um eine Kurve. Vor ihnen liegt eine Abfahrt von 100 Höhenmetern und dahinter baut sich der Grand Ballon noch einmal richtig auf! Weitere 500 Höhenmeter mit teilweise deutlich über 8% und Gegenwind – nach 240 Kilometern und über 4000 Höhenmetern eine echte Qual. Jeder fährt sein Tempo – und Raphael kurz vor Ende des Anstiegs nochmal doppelt platt!
Die letzte Verpflegung auf dem höchsten Punkt der Straße auf den Grand Ballon gibt nochmal Kraft, aber der starke Wind kühlt den Körper schnell aus. Warnwesten und Beleuchtung werden wieder angelegt, denn es ist bereits kurz vor 20 Uhr, als sie sich in die Abfahrt stürzen. Zügig fahren sie in einer großen Gruppe mit 40 km/h durchs Rheintal, während erstmals die Sonne durch die Wolken bricht. Auf gerader Strecke plötzlich ein Zischen: Plattfuß bei Daniel – der dritte für heute! Unter dem Licht der Radlampen wird der Schlauch gewechselt und es geht weiter. Bis auf das Surren der Räder rollt das Feld geräuschlos in die Nacht dem Ziel entgegen.
Um 22:08 Uhr erreichen sie geschlossen das Zelt im Kurpark von Bad Krozingen – wo viele blaue Flämmchen auf den Gläschen des hochprozentigen Belchengeists leuchten.
Die Belohnung für rund 13 Stunden im Sattel, Wetterkapriolen, platte Reifen, Kämpfen, Teamgeist, Freuen und Genießen – alles was die Langstrecke auf dem Rennrad ausmacht.