Team Radmarathon beim Drei-Länder-Giro

Jedes Jahr am letzten Juni-Wochenende findet in Nauders am Reschenpass der Dreiländergiro statt – ein Radmarathon über 168 Kilometer und 3.500 Höhenmeter durch Österreich, Italien und die Schweiz. Als buchstäblichen Höhepunkt müssen die Rennfahrer dabei mit dem Stilfser Joch einen der drei höchsten Pässe der Alpen bezwingen.

Für die Radmarathonfahrer der MANNschaft, Damian Ludwig, Nico Birk, Raphael Bartel und die Brüder Tobias und Daniel Stefes ist der Dreiländergiro einer der Höhepunkte der Radsaison.

Gemeinsam mit 3.000 weiteren Startern stehen sie am Sonntag, dem 28.06., frühmorgens am Start in Nauders. Noch verhüllen Wolken die Gipfel, aber die Wettervorhersage verspricht einen perfekten Rennradtag: Sonne und nicht zu heiß. Um 6:30 Uhr fällt der Startschuss.

Langsam setzt sich das riesige Starterfeld in Bewegung. Die ersten vier Kilometer und 150 Höhenmeter hinauf zum Reschenpass sind ideal um die kalten Muskeln warm zu fahren. Es geht aber schon direkt richtig mit Tempo los. Nach wenigen Minuten passieren die Sportler den 1.504m hohen Pass und damit die italienische Grenze. Die folgenden ebenen Kilometern entlang des Reschensees fliegen dahin und es folgt die Abfahrt ins Vinschgau. Bei Geschwindigkeiten von bis zu 70 km/h ist höchste Konzentration gefordert, ist das Fahrerfeld doch rund 15 mal so groß wie bei der Tour de France.

In Prad beginnt dann unvermittelt der größte Anstieg des Tages hinauf zum Stilfser Joch. Ganze 1.844 Höhenmeter am Stück liegen nun vor den Fahrern. Die durchschnittliche Steigung auf den folgenden 25 Kilometern beträgt fast 8%. Zunächst durch Wald entlang eines Baches erreichen Damian, Nico, Raphael, Tobias und Daniel den kleinen Ort Trafoi. Bis hierher ist zwar fast die Hälfte der 25 km des Anstiegs geschafft, aber erst ein Drittel der Höhenmeter. Bis hierher folge die Straße dem Suldenbach, nun aber beginnen endlich die 48 Kehren, für die das Stilfser Joch so berühmt ist. Damit man mit dem Zählen nicht durcheinander kommt steht in jeder Kehre ein Schild mit der Nummer – bis zum höchsten Punkt in absteigender Reihenfolge. Hat man „gute Beine“ werden die Schilder Kehre für Kehre zur Motivation – hat man „schlechte Beine“ scheinen die Zahlen einfach nicht kleiner zu werden.

Nach 18 Kilometern und 1.200 Höhenmetern im Anstieg ist die Baumgrenze erreicht und eigentlich wäre es schon aller Ehren Wert, einen Alpenpass von diesen Ausmaßen geschafft zu haben. Beim Stilfser Joch fängt aber das große Finale erst an: 22 übereinander gestapelte Kehren, verteilt auf sieben Kilometer in einer senkrecht wirkenden Wand, dabei durchgehend deutlich über 8% steil – die Passhöhe schon sichtbar und noch so weit entfernt.

Kehre für Kehre kämpfen sich die 3.000 Radfahrer immer weiter aufwärts und endlich ist die Passhöhe auf 2.757 Metern erreicht. Strahlender Sonnenschein und eine traumhafte Aussicht auf die umliegenden Gletscher und die bewältigten Kehren sind der Lohn für die Anstrengungen.
Nach einer kurzen Verpflegung stürzen sich die Radfahrer in die wohlverdiente Abfahrt. Der Umbrailpass – den mit 2.503 Metern höchsten Alpenpass auf Schweizer Boden und gleichzeitig die Landesgrenze – wird dabei einfach „mitgenommen“.  Insgesamt geht es 17 km am Stück steil bergab. Nach einer knappen halben Stunde sind 1.400 vorher mühsam erarbeitete Höhenmeter „vernichtet“.

In Santa Maria trennen sich die beiden Strecken des Dreiländergiros. Die kürzere Strecke führt durch das Münstertal zurück nach Glurns und von der Südseite erneut über den Reschenpass. Stefan, Tobias und Damian nehmen diesen Weg und erreichen nach insgesamt 120 km, 2.800 Höhenmetern und einer Nettofahrtzeit von rund 6 Stunden das Ziel in Nauders.

Daniel, Raphael und Nico sind auf der langen Strecke unterwegs und biegen in Santa Maria in die Straße zum Ofenpass ein, der nächsten Herausforderung des Tages. Die knapp 800 Höhenmeter verteilen sich dabei auf drei Abschnitte. Die ersten Kilometer starten direkt sehr steil mit Rampen bis 11% Steigung. Danach folgt ein etwa fünf Kilometer langes Flachstück, bevor der Schlussanstieg zur 2.149 Meter hohen Passhöhe in praller Sonne liegend dem Namen des Ofenpasses alle Ehre macht – bei 30 Grad im Schatten. Die letzten fünf Kilometer haben eine Steigung von durchschnittlich 10% und tun schon richtig weh, wenn man schon 2.500 Höhenmeter in den Beinen hat.

Nach einer Fahrtzeit von etwas mehr als 5 Stunden haben die drei die Passhöhe erreicht und es geht in die 65 Kilometer lange Abfahrt durch das Engadin, die aber durch einige giftige Gegenanstiege unterbrochen wird. Durch die Orte Zernez, Ardez und Scoul führt die Strecke durch die traumhaft schöne Landschaft nach Martina, wo die Schweiz wieder in Richtung Österreich verlassen wird. Bei dem auf diesem Abschnitt häufigen Gegenwind wäre es hier besonders wichtig eine gute Gruppe zu finden um Windschatten nutzen zu können. Das gelingt den Fahrern der MANNschaft leider nicht wirklich und sie müssen große Teile der Strecke bis nach Martina selbst im Wind fahren.

Von Martina sind es nur noch sieben Kilometer bis ins Ziel, aber die Strecke hält noch eine echte Gemeinheit parat, die eher unscheinbare Norbertshöhe. In elf Kehren sind noch einmal 450 Höhenmeter zu überwinden und vielen Teilnehmern geht nach über sieben Stunden im Sattel, nach Stilfser Joch und Ofenpass, hier auf den letzten Kilometern fast die Kraft aus. Raphael, Nico und Daniel haben aber noch einige Körner für den letzten Berg aufgespart und können noch einige Fahrer überholen.

Der letzte Kilometer bergab ins Ziel – Nauders zu Füßen – ist dann reiner Genuss.
Nach rund 7,5 Stunden Nettofahrtzeit erreichen Daniel, Raphael und Nico gemeinsam das Ziel – und damit über eine Stunde schneller als bei Daniels letzter Teilnahme am Dreiländergiro vor vier Jahren.


Eine tolle Leistung aller Fahrer der MANNschaft!